Dienstag, 18. November 2003Home
HilfeKontaktDetailsuche
Regionalnews
Schlagzeilen
Braunschweig
ECE-Forum
Gifhorn
Salzgitter
Peine
Helmstedt
Wolfenbüttel
Wolfsburg
Campus
Ich & mein Käfer
Leser helfen
Regionalsport
News
Sport
Anzeigen
Freizeit
Wetter
Ratgeber
Service
Interaktiv
Archiv
RegionalnewsBraunschweig
Kein "Moorhuhnschießen" auf Gänse

Jägerschaft dünnt derzeit die Population im Europareservat Riddagshausen aus – "Sprechen Vögel vorher an"

Von Norbert Jonscher

Schüsse peitschen durch das Vogelschutz-Europareservat Riddagshausen. Eine eben noch "ong ... ong" schnatternde Graugans (lat.: Anser anser) stürzt ab in den Kreuzteich. Die Bezirksregierung hat die Jagd auf Graugans und Stockenten-Bastarde freigegeben. Grund: Es droht eine Überpopulation. Die massenhaft verbreiteten Vögel, sie ziehen im Winter längst nicht mehr nach Afrika, machen anderen, geschützten Arten zunehmend den Lebensraum streitig.

Doch es gibt Irritationen. Etwa bei Georg Gärtner (SPD), stellvertretender Bezirksbürgermeister im nahen Volkmarode. Er meint, das Naturschutzgebiet verkomme zu einem "privilegierten Jagdgebiet"; Gärtner sieht keinen Grund, warum hier nun plötzlich gejagt werden solle, zumal es 60 Jahre auch ohne Schusswaffengebrauch gegangen sei: "Wenn da ein Fischerhund mal eine Ente fing, hat’s richtig Theater gegeben."

Vorn gefüttert, hinten getötet

Und noch ein Problem sieht Gärtner, selbst Jäger: "Wie will man im Flug eine Grau- von einer Saatgans unterscheiden, wie eine fehlfarbene Ente von einer geschützten Löffel- oder Spießente?" Zumal die Tiere frühmorgens, mithin in der Dämmerung geschossen würden.

Ein weiteres Ärgernis für ihn: "Da werden vorn am Kreuzteich die Vögel gefüttert und hinten schießt man sie ab." Das sei doch nicht nur für Kinder ein Schock. Und außerdem: Sei überhaupt sichergestellt, dass nur mit Stahlschrot geschossen wird? Falls nicht, was Gärtner vermutet, bestehe die Gefahr, dass Vögel giftiges Bleischrot aufnehmen – und verenden.

Demgegenüber verteidigte gestern Dr. Horst Grunert, zuständiger Experte bei der Bezirksregierung, gegenüber der BZ die Jagderlaubnis (sie wurde, auf Antrag, der Kreisjägerschaft und auch den Schapener Jägern erteilt), sie werde auch von Naturschutzverbänden wie Nabu und BUND mitgetragen. Es gehe, so Grunert, vor allem darum, die große Zahl der Graugänse zu reduzieren. Was in der Praxis äußerst schwierig sei. Grunert: "Graugänse sind ganz schlaue Tiere, die riechen den Braten sehr, sehr schnell." Das sei aber nicht so schlimm, denn: Man setze auf einen Verbrämungseffekt, der die Tiere abwandern lasse. Mehr als 400 Graugänse gebe es rund um Riddagshausen, Nachfahren der Anfang der 60er-Jahre von Verhaltensforscher Dr. Konrad Lorenz ausgesetzten 5 Grauganspaare, die sich durch gute Fütterung (trotz Verbots) massenhaft vermehrten, zunehmend die heimische Saatgans verdrängten.

Fette "Stadtenten"

Ähnlich verhält es sich mit der Stockente, die hierzulande ebenfalls längst kein Zugvogel mehr ist, sich mit Hausenten paarte, zur übergroßen, fetten "Stadtente" mutierte. Folge: Es gibt immer weniger echte Stockenten, die meisten haben mit der Wildform nur noch einige Federzeichnungen gemein. Es kommen sogar völlig weiße und schwarze Fehlfarben (Bastarde) vor.

Der Dichtestress auf hiesigen Gewässern, berichten Experten, sei auch verantwortlich für die Zunahme aggressiver Verhaltensweisen bei den Enten. Immer häufiger seien Szenen wie diese zu beobachten: Unverpaarte Erpel verjagen einen "glücklich verheirateten" Stockentenmann – und vergewaltigen anschließend das Weibchen. In Rotterdam beobachtete ein Tierforscher, wie ein offenbar schwuler Erpel den Leichnam eines soeben tödlich verunglückten Artgenossen bestieg und 75 Minuten lang schändete. Er stoppte das unwürdige Treiben.

In Braunschweig will nun die Kreisjägerschaft aktiv werden. Vorsitzender Hennig Brandes verspricht, es werde aber keine wilde Ballerei á la Moorhuhnschießen geben, sondern eine ganz behutsame, gezielte Bejagung, in den frühen Morgenstunden. Geschützte Arten würden nicht getötet, versichert der Jagdexperte: "Es wird nicht wild rumgeballert, es schießen nur versierte Jäger, und die sprechen jeden Vogel an, bevor sie schießen."

Freitag, 14.11.2003
 
nach oben zurück | drucken | Artikel empfehlen | Ihre Meinung
© Braunschweiger Zeitungsverlag 2003
Premieren-Quiz
5 x 2 Kinokarten beim Premieren-Quiz in newsclick.de zu gewinnen!
zum Artikel
Regionalnews
Wolfsburger Ratsherr Klett tritt zurück
zum Artikel

Jagd auf Betrüger per Internet
zum Artikel

Fest für Chöre der Region
zum Artikel

Gifhorn
Polizeiinspektion bleibt eigenständig
zum Artikel
Helmstedt
Fehlbedarf steigt auf 23,1 Millionen
zum Artikel
Peine
Autoknacker-Bande: 35 Festnahmen
zum Artikel
Salzgitter
Parkgarage hat einen Kopf bekommen
zum Artikel
Wolfenbüttel
Polizei mit Peine und Salzgitter zusammen?
zum Artikel
Wolfsburg
Sozialstation in Finanzturbulenzen
zum Artikel
Campus
"Magisterstudiengang ließ viele Studenten scheitern"
zum Artikel